Interview: Die Abgrenzung zwischen Trauma und Hochsensibilität

Die Abgrenzung zwischen Trauma und Hochsensibilität, Interview mit Anne Weiß

(awe-db023) Interview mit der Trauma-Therapeutin Anne Weiß zum Thema „Trauma & Hochsensibilität“:

Anne Weiß
Anne Weiß

Liebe Anne, was ist ein Trauma und wie entsteht es?

Anne Weiß: Die Auslöser für ein Trauma können ganz unterschiedlich sein. Zusammenfassend ist ein psychisches Trauma immer eine Reaktion auf eine Extremsituation, auf die ein Mensch nicht angemessen vorbereitet war, die alle seine bisherigen erlernten Bewältigungsmechanismen komplett aushebelt und überfordert und zugleich unser gesamtes System automatisch in einen ‚Not-Modus‘ schaltet, dass in erster Hinsicht dem Über-Leben dient. Nachdem die üblichen Überlebensstrategien Flucht oder Kampf nicht mehr funktionieren, ist die einzige Möglichkeit die ‚Flucht nach Innen‘, um das Erlebte auszublenden, abzukapseln und sich so vor weiterem Schmerz und Ohnmacht zu schützen.

Neben Unfällen, Naturkatastrophen, sowie seelischem oder körperlichem Missbrauch, kann z.B. ebenso eine Operation oder langer Klinikaufenthalt, Mobbing, Umzug, die Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung, die Kündigung des Arbeitsplatzes sowie der plötzliche Verlust oder Tod einer nahestehenden Person oder Tieres, ein schwerwiegendes Trauma auslösen. Und mitunter reicht es auch, nur als hilfloser und handlungsunfähiger Augenzeuge dabei gewesen zu sein oder auch ein Trauma schlichtweg ‚vererbt‘ bekommen zu haben.

Fördert ein seelisches Trauma die Hochsensibilität bzw. bedingt es diese Veranlagung vielleicht sogar maßgeblich?

Anne Weiß: Auch wenn die individuelle emotionale Bewertung einer Situation letztendlich bei jedem Menschen unterschiedlich ist, befindet sich der Betroffene nach einem intensiven und prägenden traumatischen Erlebnis permanent in einem sehr hohen Stresslevel, wenngleich dieses von außen oft nicht sichtbar ist. Hochsensible Menschen, die alles noch weitaus intensiver und umfassender wahrnehmen, geraten mitunter noch mehr in Stress, da sie stetig versuchen einen tieferen Sinn zu finden, um das Geschehen in einem größeren Kontext einordnen zu können.

Aus meiner Erfahrung wird Hochsensibilität bzw. die intensivere und umfassendere Wahrnehmung auf allen Ebenen, jedoch nicht ursächlich durch ein Trauma ausgelöst, sondern höchstens verstärkt.

Sind HSP mehr/ intensiver von diesem Thema betroffen?

Anne Weiß: Ja, in den meisten Fällen vor allem durch die viel umfassendere und intensivere Informationsverarbeitung. Ich habe jedoch viele hochsensible Klienten erlebt, welche die von außen betrachteten hochdramatischen Situationen in ihrem Leben vor allem durch ihre besonderen Gaben, mit der sie immer schon seit Kindheit an mit einer ‚höheren Intelligenz‘ verbunden sind, überhaupt überlebt haben und die Ihnen maßgeblich geholfen hat, nicht daran zu verzweifeln.

Welche Folgen und Auswirkungen kann ein Trauma bewirken?

Anne Weiß: Die möglichen Folgen können sehr unterschiedlich sein und sind sehr vom Einzelnen, seinen bisherigen Erfahrungen und seiner psychischen Widerstandskraft (Resilienz) abhängig. Die moderne Hirnforschung hat gezeigt, dass unbewältigbare Belastungen auch zu Veränderungen, Destabilisierungen und Auflösung bisheriger stabiler neuronaler Verschaltungen in unserem Gehirn führen können und somit auch zu grundsätzlichen Veränderungen des Denkens, Fühlens und Handelns führen, die uns nachhaltig daran hindern, stabil und selbstbestimmt im Leben zu stehen.

Oft kommt jedoch zu den blockierten und eingefrorenen Ressourcen, verbunden mit Schock und Ohnmacht, noch der Verlust von Seelenanteilen hinzu. Das sind zum einen Anteile, die sich abspalten und wie ein kleines Kind bzw. Seelenkind in den ‚Kindergarten des Unterbewusstseins‘ in Sicherheit gebracht wurden und zugleich auch Seelenaspekte wie Freude, Vertrauen, Sicherheit, Leichtigkeit, etc. Dieses führt dann oft zur Dissoziation des traumatisierten Klienten.

Zugleich wird das ‚energetische Leck‘ mit fremden Anteilen besetzt und somit leben traumatisierte Menschen oft nicht nur mit angezogener Handbremse, sondern auch schlichtweg, ohne es zu merken, nicht mehr selbstbestimmt ihr eigenes Leben.

Das erlebte Trauma wird zwar vom Bewusstsein zu unserem Schutz abgespalten, auf neuronaler Ebene und in unserem gesamten Zellgedächtnis ist es jedoch weiterhin in uns verankert, kann auf diese Weise nicht wieder ‚entladen‘ werden und bewirkt eine Erstarrung, die von den Betroffenen oft als ‚geistige Lähmung‘ und dem Eindruck ’nicht mehr vollständig mit dem Leben verbunden zu sein‘ empfunden wird.

Diese tiefgehenden und prägenden Ereignisse und damit verbunden auch die ins Unterbewusstsein verschobenen Seelenanteile/ Seelenaspekte möchten jedoch geheilt werden und sind auch auf der unterbewussten Ebene noch aktiv, von wo aus sie auch nach vielen Jahren immer wieder durch plötzlich auftretende Flashbacks, Schuldgefühle, Suchtverhalten oder unangemessene Ängste und Panikanfälle auftauchen können, ohne dass auf den ersten Blick ein kausaler Zusammenhang hergestellt werden kann.

Es ist möglich, dass die Symptome nach einem einmaligen traumatischen Erlebnis (Schocktrauma) innerhalb einiger Zeit wieder von allein abklingen, sobald wir wieder in Sicherheit sind und das Leben gut weitergeht.

Wenn es jedoch keine Möglichkeit gibt, das Erlebte adäquat zu verarbeiten oder die traumatische Situation über längere Zeit bestand (Entwicklungstrauma), kann es zur Ausbildung intensiver psychischer Symptome kommen wie z.B. die PTBS = Posttraumatische Belastungsstörung, (unangemessene) Wut und Aggressionen, Selbstzweifel, depressive Verstimmungen, selbstverletzendes Verhalten/ Todesnähe, Sucht- und Abhängigkeitssyndrome, Schlafstörungen/ Alpträume/ Flashbacks oder verschiedener weitreichender psychosomatischer Symptome.

Wie kann man ein Trauma auflösen?

Anne Weiß: Je früher nach dem traumatischen Erlebnis fachliche Hilfe und Begleitung in Anspruch genommen wird und damit auch die ‚energetischen Abdrücke‘ des Schocks im Körperzellgedächtnis entladen werden, desto kürzer dauert in der Regel die traumatische Phase.

Wichtig ist eine geordnete Verarbeitung des Traumas sowie die Auflösung bzw. Reduzierung der traumatypischen Symptome. Neue Wege in der Traumatherapie verbinden dabei körperorientierte Ansätze mit Methoden der transpersonellen Psychologie und Energie- und Informationsmedizin. So werden auf sanfte Weise die alten neuronalen Verbindungen schrittweise entkoppelt, die Energieblockaden aufgetaut und kontrolliert entladen und eine Neu-Strukturierung der neuronalen Vernetzungen sowie eine Abkopplung der im gesamten Zellgedächtnis gespeicherten emotionalen Verbindungen zu den traumatischen Erinnerungen ermöglicht, ohne nochmals in alte und schmerzliche Geschichten hinein zu gehen.

Brauchen Hochsensible eine andere Therapie bzw. therapeutische Begleitung?

Anne Weiß: Hochsensible Menschen haben oftmals in ihrem Leben bereits verschiedene Aspekte von Grenzüberschreitungen, Vertrauensbrüchen und Machtmissbrauch erlebt. Daher profitieren vor allem diese Klienten sehr von einer ‚Therapie auf Augenhöhe‘. Verbunden mit einem hohen Maß an Achtung und Wertschätzung Ihrer Person und mit einer vertrauensvollen Beziehung zum Therapeuten steht der hochsensible Klient in seiner Einzigartigkeit im Mittelpunkt und definiert zugleich durch seine persönlichen Bedürfnisse die individuelle Vorgehensweise in der therapeutischen Sitzung.

Was ist speziell unter ‚Sanfter Traumatherapie für Hochsensible‘ zu verstehen?

Anne Weiß: „Sanfte Traumatherapie“ verbindet verschiedene Methoden der modernen Traumatherapie mit neuen Erkenntnissen aus Gehirnforschung und Neurowissenschaften, Körperpsychotherapie sowie Energie- und Informationsmedizin aus der traditionellen schamanischen Heilkunde. Da hochsensible Menschen mit den inneren Welten/ inneren Bildern meist gut vertraut sind, bekommen sie mit Hilfe von transpersonal imaginativen Verfahren, wie z.B. schamanischen Seelenreisen in Verbindung mit Tiefenfeldentspannung/ Heilhypnose rasch einen Zugang zu tieferliegenden Schichten ihres Unterbewusstseins zur Rückholung der verlorenen Seelenanteile und Auflösung von antrainierten/ konditionierten Schutzmechanismen und Selbst- Sabotageprogrammen.

Mit Hilfe von Körperkerzen und anderen Heil- und Reinigungsritualen können die im Körper abgespeicherten energetischen Abdrücke kontrolliert entladen und entfernt werden und zugleich eine neue energetische Signatur für ein selbstbestimmtes Leben im Hier und Jetzt voller Freude und Leichtigkeit erschaffen werden.

Herzlichen Dank für die interessanten Informationen.

Anne Weiß, Heilpraktikerin, beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie, www.traumatherapie-anne-weiss-muenchen.de


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3 Kommentare

  1. Dieser Beitrag habe ich mit Genuss gelesen da ich selbst 17 Jahre Kindheitstraumas habe. Dazu noch viele viele Mobbing Attacken .
    Leider habe ich erst spät in meinem Leben Hilfe bekommen und erfahren. Dazu kam dann, dass es nicht einfach war oder ist einen guten Therapeuten zu finden der “ wirklich “ erfahrungen hat mit Posttraumatischem Stresssyndrom- Panikattacken und hochsensibilität .
    Ich Reagiere sehr sensibel auf Gespräche , Wortwahl und meinem gegeüber .
    Danke für die sanfte Beschreibung und tolle Erklärung . Es ist schade erkennen nicht viele Ärzte wie einfach es wäre einen Traumatisierten Menschen zu Begleiten ohne ihn noch weiter unter Druck zu setzen.
    Man müsste nur mehr Menschlichkeit haben um überhaupt zu sehen wie es ist so Hochsensibel zu sein wie gesagt man läuft nicht herum und posaunt herum: Achtung ich bin sehr Hochsensibel .
    Ich hoffe in naher Zukunft bekomme ich einen Therapeuten der mit mir zusammen einen neuen Weg geht weil ich müde bin und einfach keine Kraft habe der schuldige zu sein wenn das Visavie mit mir übervordert ist oder mir die schuld zuschreibt wenn es ihm nicht gut geht .
    Danke für den tollen überblick es hat mir gezeigt mit einfachen Worten könnte man wirklich ein Leben bekommen .
    Mit freundlichen grüssen Renate Laubscher

    1. Liebe Ranate Laubscher, du sprichst mir aus der Seele. Ich befinde mich in der gleichen Situation und habe mir einen Therapeuten gesucht der so langsam anfängt sich mit HS auseinander zu setzen. Leider geht es mir in den Sitzungen oft so wie dir, ich achte sehr auf die Wortwahl und Verhalten meines Gegenüber. Oft denke ich warum es so schwer ist mich zu verstehen oder nach zu vollziehen warum ich anders fühle und denke. Ich ziehe mich seit einiger Zeit immer mehr zurück weil auch mir mehr und mehr die Kraft fehlt mich stets zu erklären oder die schuldige zu sein wenn es bei manchen nicht so klappt wie sie es gerne hätten. Ich höre oft die Worte, „sei doch nicht immer so empfindlich“, „nimm dir nicht alles immer so zu Herzen“ „man bist du zart besaitet“
      Viele Grüße Kerstin Langer

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