Hochsensibilität ist keine Krankheit
(Von Sandra Tissot) Die Foren und sozialen Netzwerke sind voll davon: Gerade Menschen, die ihre Hochsensibilität erst entdeckt haben, suchen oft verzweifelt nach einer Möglichkeit, die Hochsensibilität schwarz auf weiß attestiert zu bekommen. Sogar die Frage nach dem passenden Arzt, der die Hochsensibilität offiziell bescheinigen kann, wird immer wieder gestellt.

Fälschlicherweise wird Hochsensibilität dabei in einem Atemzug mit psychischen Störungen oder Krankheitsbildern genannt.
Das zeigt, wie tief die Unsicherheit in Bezug auf dieses Persönlichkeitsmerkmal oft sitzt.
Hochsensibilität ist ein Charakterzug, keine Krankheit
Hochsensibilität ist keine Krankheit, sondern vielmehr ein angeborener Aspekt der Persönlichkeit. Hochsensible Menschen besitzen besonders feine Antennen und sind in der Lage, ihr Umfeld und alle damit verbundenen Reize viel intensiver wahrzunehmen. Dabei können positive Lebensumstände das hochsensible Naturell beflügeln und echte Entwicklungsschübe auslösen. Negative Einflüsse hingegen können zu emotionaler Überlastung, Stress oder sogar Erschöpfungszuständen führen.
In solchen Phasen kommt der hochsensible Grübler zum Vorschein, der alles genau durchdenkt, vieles hinterfragt und sich dabei unbemerkt in Gedankenspiralen verliert.
Energie, die sinnvoll eingesetzt werden könnte, versickert im Zweifel oder im inneren Rückzug. Kein Wunder also, dass in diesen Momenten der Wunsch nach einem Hochsensibilitäts-Attest besonders groß zu sein scheint.
Doch was genau wollen Hochsensible mit einem solchen Nachweis anfangen? Dem Chef den hochsensiblen Krankenschein vorlegen? Eine Schonfrist bei Freunden und Bekannten beantragen?
Die Vorstellung, durch ein offizielles Dokument mehr Verständnis zu erhalten, ist zwar nachvollziehbar, greift aber oft zu kurz.
Herzlichen Glückwunsch, Sie sind hochsensibel
Mit der Erkenntnis zur eigenen Hochsensibilität lässt sich die Vergangenheit anders bewerten und die Gegenwart und Zukunft oft vollkommen neu erleben.
Wer seine Hochsensibilität bewusst annimmt, kann beginnen, damit zu arbeiten statt gegen sie.
Statt sich selbst zu pathologisieren, hilft es, sich selbst liebevoll anzunehmen und passende Lebensumstände zu schaffen.
Verzweifelte Hochsensible können dabei weniger auf das Attest eines Arztes setzen, als vielmehr auf Coaches, Therapeuten oder Beratungsstellen, die sich mit dem Thema wirklich auskennen und individuelle Wege zur Selbstakzeptanz aufzeigen. Siehe z.B.: www.hochsensibilitaet-netzwerk.com/therapeuten/
Übrigens: Hochsensibilität ist auch nicht ansteckend. Hochsensibilität ist ein angeborener Wesenszug, kein Lebensstil.
Hochsensibilität passt in keine Schublade
Generell neigen wir Menschen gern dazu, in Schubladen zu denken. Schublade auf, Hochsensibilität rein, Schublade zu – fertig. Doch das wird dem Thema nicht gerecht. Hochsensible Menschen mögen von ähnlichen Erfahrungen berichten und in bestimmten Situationen vertraut reagieren.
Dennoch sind die individuellen Unterschiede enorm.
Zwischen hochsensiblen Introvertierten und hochsensiblen Extrovertierten, zwischen jungen und älteren Hochsensiblen, zwischen stillen Beobachtern und kreativen Freigeistern – die Vielfalt ist riesig. Die Beschreibung ließe sich nahezu endlos fortsetzen.
Hochsensibilität ist kein Stigma, sondern ein wertvolles Persönlichkeitsmerkmal.
Sie darf gelebt werden, mit Selbstbewusstsein und Offenheit. Jenseits medizinischer Diagnosen oder gesellschaftlicher Schubladen. Wer lernt, damit achtsam umzugehen, kann sein Leben damit nicht nur meistern, sondern oft auch besonders tief erleben.
Sandra Tissot, www.sandratissot.de, Autorin von:

SANDRA TISSOT
Hochsensibilität und die berufliche Selbstständigkeit
Wie sich ein Sensibelchen selbstständig machte und seine Lösung für das hochsensible Berufsleben fand.
ISBN 9783981797565

SANDRA TISSOT
Du bist umwerfend!
Werde dir deiner selbst bewusst
ISBN 9783981938326
Häufig gestellte Fragen zu Hochsensibilität (FAQ)
Nein. Hochsensibilität ist ein angeborener Wesenszug und keine Krankheit. Sie beschreibt die intensive Reizverarbeitung und emotionale Tiefe, mit der manche Menschen auf ihre Umwelt reagieren – ohne dass eine medizinische Diagnose nötig wäre.
Viele wünschen sich durch ein Attest mehr Verständnis im Umfeld oder bei der Arbeit. Doch Hochsensibilität ist kein klinisches Krankheitsbild und daher auch nichts, was offiziell „bescheinigt“ werden müsste oder könnte.
Indem du sie als Stärke anerkennst und lernst, mit deinen Bedürfnissen achtsam umzugehen. Ruhezeiten, klare Grenzen und ein passendes Umfeld helfen dir, dein Potenzial auszuleben statt dich überfordert zu fühlen.
Ja. Viele berichten von starker Empathie, intensiver Wahrnehmung, feinem Gespür für zwischenmenschliche Dynamiken und einer tiefen Verarbeitung emotionaler Erlebnisse. Trotzdem ist jede hochsensible Person individuell.
Die Grundveranlagung bleibt meist lebenslang bestehen. Was sich jedoch verändern kann, ist der Umgang damit. Mit wachsendem Selbstbewusstsein und passenden Lebensstrukturen erleben viele Hochsensible ihre Gabe zunehmend als Stärke statt als Belastung.
