Warum die Erwartung anderer das Leben von Hochsensiblen erschweren

Inga Dalhoff
Ein Beitrag Inga Dalhoff

(id-db080-b3) Erwartungen anderer sind für Hochsensible wie der berühmt berüchtigte Elefant im Raum, über den niemand spricht, der aber mit seiner Präsenz großen Einfluss auf alles nimmt. Wie Erwartungen auf viele Hochsensible wirken und wie wir künftig Erwartungen Erwartungen sein lassen können, liest du hier.

Erwartungen und Verantwortlichkeiten

1. IN DER PARTNERSCHAFT
Der Partner oder die Partnerin kommt von der Arbeit nach Hause. Schon an der Art wie sich die Tür öffnet, die Jacke abgelegt und die Tasche deponiert wird, spüren wir: Hier ist etwas nicht gut gelaufen im Arbeitsalltag des oder der Liebsten. Was geschieht?

Wir fühlen uns unbewusst verantwortlich für das Wohlempfinden unserer Liebsten. Und einszweifix sorgen wir für gute Laune, zaubern ein Lieblingsessen auf den Tisch, schaffen Ablenkung oder Entspannungsmöglichkeiten oder ziehen uns zurück, damit unser Partner / Partnerin sich regenerieren kann. Aber ist das alles wirklich stimmig für uns – auch wenn wir es möglicherweise gern tun?

2. IM MEETING
Wir sitzen mit Kollegen zusammen und besprechen die nächsten Aufgaben und deren Verteilung auf die Anwesenden. Der Chef strahlt Ungeduld aus. Die Kollegin wirkt total gestresst. Was passiert?

Viele Hochsensible können sich jetzt hingerissen fühlen, das Meeting möglichst schnell und unkompliziert über die Bühne zu bringen und der Kollegin die ein oder andere Aufgabe abzunehmen. So ist die Ungeduld des Chefs vom Tisch und die Kollegin weniger gestresst. Doch wo bleiben die eigenen Bedürfnisse?

Wie uns Erwartungen seit Kindesbeinen an geformt haben

Viele hochsensible Menschen haben früh gelernt, die Erwartungen ihrer Bezugspersonen zu erahnen und zu erfüllen, noch bevor sie ausgesprochen wurden. So konnten wir Harmonie herstellen, uns Lob und Zuwendung erarbeiten oder sogar Strafen entgehen und eine für uns stabile, zuträgliche Situation kreieren.

Besonders existenziell wurde diese Herangehensweise für diejenigen unter uns, die ein instabiles Elternhaus hatten. Eltern mit körperlichen, psychischen oder Sucht-Erkrankungen, Eltern, die mit harten Strafen oder Liebesentzug auf Fehlverhalten reagierten.

Oftmals haben wir die Verantwortung für das Wohlergehen unserer Bezugspersonen übernommen. Wir wurden zu Eltern unserer Eltern (Parentifizierung). Und weil das so gut funktioniert hat und so früh eingeübt wurde, finden wir nicht mehr heraus aus diesem Verhalten. Wir übertragen es im Hier und Heute unbewusst auf andere Bezugspersonen, PartnerInnen, KollegInnen, ChefInnen.

Die eigenen Bedürfnisse treten stark zurück, das Glück der anderen stark hervor. Die Folge: Irgendwann sind wir ausgepowert, haben uns verloren, erkennen unsere eigenen Bedürfnisse kaum.

Was tun?

1. DEINE BEDÜRFNISSE WIEDER SPÜREN
Dafür brauchen wir meist Ruhe und Reizarmut. Eine Entschleunigung des Alltags, regelmäßige Auszeiten in der Natur, Atempausen, Langsamkeit. In den Phasen des Nichtstuns können wir Abstand zum Geschehenen nehmen, unsere Bedürfnisse wieder wahrnehmen und ihnen Schritt für Schritt mehr Raum schenken.

2. DIR DEINE BEDÜRFNISSE ERLAUBEN & SIE DIR ERFÜLLEN
Erst wenn wir die Wichtigkeit unserer Bedürfnisse erkennen und sie uns erlauben, können wir sie uns auch erfüllen. Dienlich kann hier die Erinnerung an das Gebot der Nächstenliebe sein: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Erst wenn wir rundherum genährt sind, können wir das tun, was wir von Herzen gern machen: anderen Menschen dienlich sein, ihnen Gutes tun.

3. DER ANDEREN PERSON DIE VERANTWORTUNG FÜR IHR WOHLERGEHEN ZURÜCKGEBEN UND ÜBERLASSEN
Tun wir das nicht, schadet das nicht nur uns, sondern wir halten die andere Person auch klein, machen sie zu einem unmündigen Kind. Überlassen wir ihr die Verantwortung für ihr eigenes Wohlergehen, schenken wir ihr Vertrauen und Freiraum. Ein wundervolles Geschenk!

Ich bin neugierig zu lesen, wie es dir mit Erwartungen und Verantwortlichkeiten geht. Schreib mir gern in die Kommentare, was dich dazu umtreibt.

Lebe deine zart starke Kraft, alles Liebe …

deine Inga Dalhoff, www.zart-stark.de, Begleiterin für Hochsensible & Feinfühlige,
Autorin von „Mama ist voll gechillt“ und weiteren Büchern,
Netzwerkmitglied für Neuried (bei München)

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