Was Neurodiversität mit Hochsensibilität zu tun hat
(kwi-db146) Das Wort „Neurodiversität“ (oder auch Neurodivergenz) ist vielen mittlerweile geläufig. Dabei handelt es sich nicht etwa um einen medizinischen Fachbegriff. Vielmehr prägte die australische Sozialwissenschaftlerin Judy Singer den Begriff. Sie forschte zum Thema Autismus und wollte ein positiveres Bewusstsein rund um das Thema der Autismus-Spektrum-Störungen schaffen. Der Gedanke, ein Kind sei neurodivers und nicht etwa „behindert“, „gestört“ oder „gehandicapt“, half vielen betroffenen Familien und tut es auch heute.
Doch was haben wir Hochsensiblen ohne Autismus-Spektrum-Diagnose damit gemein? Ganz einfach – als neurodivers dürfen wir alle Menschen bezeichnen. Denn die Wissenschaft erkennt an, dass nicht ein einziges Gehirn so ist, wie das andere. Und genau das ist es, was neurodivers meint (neurologische Verschiedenheit). So wird der Begriff in Fachkreisen bemüht um hervorzuheben, dass neurologische Abweichungen von der Norm „normal“ oder wenigstens zu erwarten und nichts Besonderes sind.
Hochsensible Menschen dürfen sich also getrost der breiten Masse der Neurodiversen verbunden fühlen.
Möchten wir herausstellen, dass wir uns aber doch von der neuro-typischen Bevölkerung abheben, können wir uns als „Neuro-Minderheit“ bezeichnen. Denn das ist es vielleicht, was unser Gefühl der Andersartigkeit am besten beschreibt. Wir unterscheiden uns nicht grundsätzlich von anderen. Gleichzeitig gehören wir einer Minderheit an. Denn bislang geht man davon aus, dass etwa 15-20 Prozent der Menschen hochsensibel sind. Bewusst oder nicht bewusst.
Nun identifizieren wir uns also mit dem Begriff „Neuro-Minderheit“. Ist das gut? Oder ist das vielleicht sogar kontraproduktiv? Wenn ihr mich fragt, hat es etwas Gutes und etwas weniger Hilfreiches an sich. Und so können wir versuchen, es zu betrachten und für uns einzusetzen. Sei es, um uns selbst besser zu verstehen oder andere zu verstehen, die aufgrund ganz eigener Merkmale von der Mehrheit abweichen.
Wir sollten die Hochsensibilität niemals als Entschuldigung für unser Verhalten oder für unsere Entscheidungen anführen.
Aber wir bringen es in unser Bewusstsein und in das Bewusstsein uns vertrauter Personen. Zum Beispiel dann, wenn wir an einer tieferen Beziehung interessiert sind. Denn das Wissen um Hochsensibilität und deren Erläuterung (Neuro-Minderheit und Symptome) erleichtert es dem Gegenüber, in unsere Persönlichkeit einzutauchen oder auch Abstand zu nehmen, sollte es „zu viel“ sein. Und mal ehrlich – wenn wir schon die Wahl haben und in einer Beziehung am Anfang stehen. Dann loten wir das doch gleich aus.
Menschen etablieren Gewohnheiten. Weil das Sicherheit gibt. Wenn also Begriffe wie Neuro-Minderheit und Neurodiversität/Neurodivergenz dazu beitragen können, dass man Hochsensible besser kategorisieren und verstehen kann, dann bin ich dankbar für diese Schublade. Vielleicht führt sie dazu, dass sich die Horizonte erweitern und wir alle Verschiedenheit als etwas Gutes anerkennen können.
Verschiedenheit ist Evolution.
Herzliche Grüße,
Kristina
Kristina Wilhelms, Coachin für Hochsensibilität, www.kristinawilhelmscoaching.de
QUELLENANGABEN:
– https://www.anahana.com/de/physical-health/neurodiversity
– https://www.radix.ch/de/gesunde-schulen/angebote/schoolmatters/buecher/ein-beitrag-zur-entwicklung-der-schule-mit-psychischer-gesundheit/07-diversitaet-und-eingebundenheit/73-neurodiversitaet/
– http://www.myspectrumsuite.com/meet-judy-singer/