Hochsensible Kinder in den Sommerferien

(Von Jessica Hoffmann) Die Sommerferien können für hochsensible Kinder Fluch und Segen zugleich sein, deshalb ist es so wichtig, einige Punkte im Blick zu behalten.

Viele Kinder atmen durch, wenn die Ferien vor der Tür stehen, da die Schule manchmal mit Herausforderungen und Reizüberflutung verknüpft sein kann.
Was braucht es, damit die Sommerferien wirklich zum Auftanken und Erholen dienen?
Struktur, Rituale und Routinen für hochsensible Kinder
Diese können anders aussehen als im Schulalltag, jedoch sind sie für hochsensible Kinder nach wie vor wichtig. Oftmals fehlt nämlich in den Ferien eine Struktur, da der bekannte Tagesablauf von „Aufstehen, in die Schule/zur Arbeit gehen, Beschäftigungen am Nachmittag und Schlafen gehen“ plötzlich nicht mehr gegeben ist.
Da ist auf einmal sehr viel Raum, der zum oben genannten Durchatmen einlädt. Dieser Raum, der jedoch auch Unsicherheiten mit sich bringen kann, denn Strukturen geben uns Sicherheit und diese sind für hochsensible Kinder besonders wertvoll.
Wie kann diese Struktur aussehen?
Das ist sehr individuell und darf eurem Familienmodell sowie den einzelnen Bedürfnissen angepasst werden. Es könnte beispielsweise bedeuten, die gemeinsamen Essenszeiten weiterhin einzuhalten oder auch das gewohnte Ritual am Abend vor dem Schlafen gehen.
Tauscht euch zum Start in die Ferien innerhalb der Familie aus, was für jeden und jede angenehm wäre und behaltet es bei für euer gemeinsames Gefühl von Sicherheit.
Inseln im Alltag für hochsensible Kinder
Ob im Schulalltag, als auch in den Ferien dürfen diese Momente, die ich gerne „Inseln“ nenne, eingebaut werden. Bewusste Momente, in welchen Reize minimiert werden und nochmal Ruhe im System einkehren darf. Dies kann bei jedem Kind anders aussehen – mit oder ohne Mama/Papa gemeinsam passieren, vielleicht mit einem Buch, einer Aktivität wie Malen oder einfach etwas Zeit in der Natur.
Letztendlich darf es das sein, was dein Kind oder euch nochmal zur Ruhe bringt.
Ressourcen füllen und Selbstvertrauen stärken
Welche Bedürfnisse dürfen erfüllt werden?
Das kann zu Beginn der Ferien besprochen werden, aber auch täglich neu definiert. Vielleicht braucht dein Kind mehr Entspannung, Ruhe, Leichtigkeit, Nähe oder Geborgenheit. Möglicherweise wünscht es sich Zeit für sich alleine mit den Lieblingsbeschäftigungen oder auch gemeinsame Zeit mit der Familie sowie Freunden. Wie kann die Ferienzeit in euren Möglichkeiten hinsichtlich eurer Bedürfnisse gestaltet werden?
Vor allem gibt es eine Ressource, die besonders gefüllt und gestärkt werden darf.
Das (Selbst)vertrauen. Viele hochsensible Kinder hinterfragen täglich sehr viel und kämpfen immer wieder mit Unsicherheiten, als auch Zweifeln. Selbstverständlich können hierbei auch welche hinsichtlich des neuen Schuljahres aufkommen. Vielleicht kommt dein Kind in die erste Klasse und die Schule ist ein komplett neues Thema, möglicherweise steht ein Schulwechsel bevor oder eben eine neue Klasse. Damit dein Kind gestärkt in den Schulalltag startet, füllt das Glas mit Selbstvertrauen bereits in den Sommerferien voll.
Wie kann dieser Übergang zielführend begleitet werden?
Gibt es Fragen, die dein Kind beschäftigen und die vorab beantwortet werden können? Geht immer wieder in den Austausch. Vor einem neuen Schulbesuch ist es oftmals so, dass die Kinder bereits die Schule, die Klassenräume und auch Lehrer/Lehrerinnen kennenlernen. Das gibt vorab schon Klarheit sowie Sicherheit. Falls der neue Ort noch nicht bekannt ist, kann möglicherweise schonmal die Schule von außen besucht werden.
Ebenso ist es sinnvoll, eine positive Verbindung zur Schule zu schaffen. Worauf freut sich dein Kind? Vielleicht sind es die Freunde oder ein neues Schulfach. Durch diese Gespräche wird die Motivation gestärkt. Vor allem ist es umso wichtiger, wenn dein Kind vorher eine eher negative Verbindung zur Schule hatte. Dies kann Schritt für Schritt verändert werden.
Schafft zudem Momente, in welchen dein Kind stolz auf sich ist.
Vielleicht gibt es etwas, was schon lange einmal ausprobiert werden wollte und ihr könnt euch jetzt in den Sommerferien gemeinsam die Zeit dafür nehmen, zum Beispiel eine bestimmte Aktivität. Möglicherweise kann bereits Sicherheit aufgebaut werden, in dem etwas gemeinsam geübt wird wie das anstehende Busfahren bei einigen Kindern.
Was braucht das hochsensible Kind gerade, damit es gestärkt in das neue Schuljahr startet?
Beantwortet euch diese Frage ehrlich.
Momente, in welchen wir stolz auf uns sind – egal ob Kinder oder Erwachsene – stärken enorm unser Selbstvertrauen.
Erlebt diese Momente bewusst und reflektiert sie, so dass dieses angenehme Gefühl im Körper gespürt werden darf und immer wieder darauf zurückgegriffen werden kann.
Letztendlich erlaubt euch anzukommen.
In den Ferien und dann auch im Schulalltag nach den Sommerferien. Diese Zeit ist für eure Verbindung als auch zum Aufladen da. Alles darf in eurem Tempo passieren mit Fokus auf eure Bedürfnisse – als Familie.
Ja, der Übergang kann auch nochmal mit emotionalen Herausforderungen aufkommen – sowohl bei Mama, Papa, als auch den Kindern. Alle Emotionen haben ihren Sinn, weshalb sie da sind. Wichtig ist eben, sie zu sehen, zu verstehen und die Bedürfnisse dahinter zu erfüllen.
Von Herzen,
Jessica Hoffmann
Jessica Hoffmann, Erziehungswissenschaftlerin und Expertin für emotionale Gesundheit, https://jessica-hoffmann.de, Netzwerkmitglied für 66424 Homburg (D)