Der innere Umgang mit einer traumatischen Erfahrung

(cm-db063-b2) Was wir Trauma nennen, ist nicht etwas, das dir im Außen passiert, sondern es bezieht sich auf unseren inneren Umgang mit einer solchen traumatischen Erfahrung, also auf den inneren Umgang mit einer äußeren Belastung.

Wie geht es dir bei diesem Gedanken?

Caroline Makovec
Ein Beitrag von Caroline Makovec

Früher hätte ich vermutlich gesagt, dass das so nicht stimmt. Denn schließlich kann Missbrauch – sei er körperlicher oder emotionaler Natur, emotionale Gewalt, Vernachlässigung, Mobbing, aber auch Naturkatastrophen, der Verlust von Hab und Gut, der Tod eines geliebten Menschen, eigene Krankheit usw. ja wohl als etwas angesehen werden, das mir im Außen passiert, zustößt, über das ich keine Kontrolle habe, dem ich ausgeliefert bin.

Und doch gibt es Menschen, die diese belastenden äußeren Erfahrungen vielleicht nicht gerade wegstecken, aber als Teil ihres Lebens verbuchen, den sie zwar nicht bewusst herbeiwünschen würden, aber mit dem sie einen Umgang finden.

Sie integrieren ihn nach einer Zeit der liebevollen Auseinandersetzung mit sich selbst in ihre Lebensgeschichte und schließen früher oder später damit Frieden, ohne dass ihre Psyche darauf mit einer „traumatischen Erlebnisverarbeitung“ (PTBS, …) reagiert.

Warum ist es nun also so, dass manche Menschen solche einschneidenden Erfahrungen nahezu „unbeschadet“ überstehen, während andere über Jahre ihres Lebens schwer unter den Folgen derselben zu leiden haben?

Und ich spreche hier von belastenden Erfahrungen im Erwachsenenalter – denn auch wenn Kinder ganz unterschiedlich mit schweren Belastungen umgehen, haben sie doch noch nicht die Fähigkeit darüber zu reflektieren und sich ggf. der Situation zu entziehen, wie wir Erwachsene sie meist haben. Und deshalb sind sie z. B. im Falle von Missbrauch real oft gefangener, hilfloser den Menschen ausgeliefert, von denen sie eigentlich Schutz, Liebe und Halt erfahren sollten.

Ich glaube – und das ist lediglich meine Meinung als selbst Betroffene – dass wir oft deshalb in potenziell traumatischen Erfahrungen hängenbleiben, weil wir (noch) in die Opferrolle rutschen und unseren Anteil daran (noch) nicht sehen können oder wollen.

Und das heißt jetzt nicht, dass du daran schuld bist, wenn dir etwas Schlimmes passiert. Aber du darfst darüber nachdenken, was es mit dir zu tun haben könnte – ob da noch alte Muster, Prägungen, Verstrickungen am Wirken sind, die es heißt mehr und mehr aufzulösen, um dir letztlich im Außen nicht immer wieder die gleichen Geschichten zu manifestieren.

Andererseits ist es auch ein Prozess immer mehr zu dem Bewusstsein zu erwachen, dass schwierige, äußere Erfahrungen AUCH ein Geschenk in sich bergen

Nämlich das Potenzial immer mehr und mehr Klarheit darüber zu bekommen wer du eigentlich bist, wie wertvoll du bist, wie du für dich mehr und mehr ein stimmiges, erfüllendes Leben erschaffen kannst und dass all das Schwere, das Leichte, das Schlimme und das Schöne (wenn wir noch in diesen Bewertungen denken wollen) dich dorthin gebracht haben, wo du jetzt bist.

Nämlich auf dem Pfad des Erwachens aus der Identifikation damit, was du – aufgrund dessen, was dir im Leben passiert ist oder passiert – zu sein glaubst, hinein in die Erkenntnis, dass in diesem Leben die Verantwortung über den Umgang mit allem was dir widerfährt nur bei dir liegt.

Ja, es passieren im Leben von jedem/jeder Einzelnen von uns Dinge, die wir als Herausforderungen bezeichnen können, die wir uns – wären wir ganz bewusst – so nicht in unser Leben gezogen hätten. Und doch bergen all diese Herausforderungen einen Schatz in sich, wenn wir bereit sind genau hinzusehen: das Erkennen unseres wahren Potenzials, unserer wahren Natur fernab von den Bewertungen unseres Verstands, der uns mit Fragen quält wie:

Wie konnte mir das passieren? Was hab ich falsch gemacht?

… und der uns durch dieses zusätzliche Abwerten von uns selbst letztlich noch tiefer in Gefühle von Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein, Machtlosigkeit hineinzieht aus denen es dann scheinbar kein Entrinnen mehr zu geben scheint.

Hinter all dem Wirrwarr, den unser Verstand oft sekündlich produziert, liegt ein Ort absoluter Ruhe, tiefen Friedens, tiefer Liebe, der nur darauf wartet von dir wieder entdeckt zu werden, damit du dich besinnen kannst darauf, was du eigentlich bist und schon immer warst. Reines, bedingungsloses Sein, göttlicher Funke, ein strahlendes Licht geboren aus der Unendlichkeit des Universums und damit selbst ohne Anfang und ohne Ende.

Es ist Zeit, wieder in dieses Bewusstsein zu erwachen.


Befreie dich von den Fesseln der Vergangenheit, Caroline MakovecCaroline Makovec, klinische Psychologin aus Wien, Netzwerkmitglied für Wien (A)
www.psychologie-makovec.at,
Autorin von „Befreie Dich von den Fesseln der Vergangenheit“

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5 Kommentare

  1. Vom 2. bis zum 11. Lebensjahr wurde ich schwerst misshandelt und missbraucht, vom eigenen Vater und der Stiefmutter…meine Kindheit bestand aus Hunger, Angst, Schmerzen und Nahtoderlebnissen…ich bin seit 2016 in Therapie, doch so sehr ich mich bemühe, dass alles besser wird, es bleibt….ich arbeite seit Jahren an mir, an dem, was die sogenannte Familie zerstört…es hat mich so sehr geprägt, das kein normales Leben für mich möglich ist!
    Wie soll ich denn dafür bitte dankbar sein?

  2. Meiner Ansicht und Erfahrung nach kann es für eine Bewältigung traumatischer Erlebnisse auch durchaus hilfreich sein, wenn man sie als das akzeptiert, was sie (nicht in allen Fällen, aber oftmals auch) sind: Verdammte Kacke, die einen willkürlich, schuldlos und ungerechterweise getroffen hat und mit deren Folgen man ggf. ohne Hilfe und oft mit großen Anstrengungen leben muss. Es liegt nicht in jedem Unglück ein „Schatz“ verborgen. Es ist für einen Verarbeitungsprozess nicht unbedingt erforderlich, sich alles irgendwie schön zu reden. Zumal dies meistens auch gar nicht gelingt. Und nach einer gewissen Zeit ist die Möglichkeit der Verdrängung auch eine naturgegebene Überlebensstrategie, die nicht unterschätzt werden sollte und die man durchaus zulassen kann – sofern dadurch nicht nur eine Maskierung stattfindet und weitere Probleme ausgelöst werden. Shit happen‘s, wie man so schön sagt. Und wird nicht weniger besch*****, wenn man sich dahinter einen „tieferen Sinn“ konstruiert.

    1. Nun es ist sicherlich richtig, daß das Verdrängen eine Art, Überlebensstrategie ist, aber es ist keine Dauerlösung.
      Wir wachsen durch unsere Erfahrungen, wenn wir etwas verdrängen, heißt das nur, daß wir noch nicht reif sind, dieses Erlebnis zu verarbeiten. Aber das Verdrängte wird immer wieder zurück kommen, solange bis wir gelernt haben, es zu verarbeiten.

      1. Nein, diesem Artikel kann ich nicht zustimmen. Potenziell traumatisierende Erlebnisse sind kein Geschenk und Klarheit über sich selbst kann man sicher auch anderweitig finden. Nach 10 Jahren Dienst in der Krisenintervention schaudert mir bei einigen Sätzen des obigen Textes.
        Ich glaube, es gibt einfach Unterschiede in der Resilienz, mit der wir ausgestattet sind. Die Summe aus dieser Resilienz, sozialem/persönlichem Rückhalt, möglichen Vertauenspersonen sowie div. persönlichen Faktoren entscheidet für mich darüber, ob, und falls ja nach welcher Zeit jemand über ein traumatisierendes Ereignis hinwegkommen kann.

    2. Liebe DaKI! Ich danke Dir für Deinen Kommentar. Endlich sagt es mal jemand! Dieses ewige Geblubber von „Gedanken formen die Materie“ und „Geschenke eines Traumas“ stehen mir bis hier und verschlimmern bzw. können eine Opferposition gar erst schaffen, noch an allem selbst schuld zu sein. Meines Erachtens ist entscheidend, wie man lernt, das Beste aus seiner Situation zu machen, nicht überall Gefahr zu wittern auch wenn shit in der Tat wirklich einfach happens. Mehr nicht. Menschen sind wunderbar aber es passiert überall auf der Welt unvorstellbares. Anzunehmen was ist und die Dinge zu sehen wie sie sind und das Beste daraus zu machen – damit hat man schon genug zu tun! Sich noch damit zu martern worin der Gewinn darin auch noch legen möge – dbzgl. geben meines Erachtens Profis viel zu selten zu, dass es den nicht gibt aber das Leben trotzdem noch lebenswert sein kann und Hilfe zu finden ist.

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