Hochsensibilität: Neurodiversität statt Pathologie

Hochsensibilität als Spektrum verschiedener Merkmale
Jole Berlage
Ein Beitrag von Jole Berlage

(jbe-db138) Das Thema Hochsensibilität betrifft nicht die Pathologie, sondern vor allem die Neurodiversität. Hochsensibilität kann daher als eine Art ineinanderfließender unterschiedlicher Persönlichkeitsmerkmale betrachtet werden – ein sogenanntes Spektrum von neuronalen Fähigkeiten.

„Ein Spektrum ist ein Phänomen, das nicht auf eine spezifische Auswahl von Merkmalen beschränkt ist, sondern lückenlos über ein Kontinuum variieren kann“ (Wikipedia).

Innerhalb dieses Spektrums kann man eine Cluster Typologie entwickeln, die sich in der Arbeit mit hochsensiblen Menschen bewährt hat (Cluster = als einheitliches Ganzes zu betrachtende Menge von Einzelteilchen).

Hochsensibilität wird nicht als eine Pathologie angesehen, sondern als eine Neurodiversität definiert.

Diese Diversität des Nervensystems kann sich auf viele verschiedene Weisen ausdrücken und mit weiteren Dimensionen der Persönlichkeit kombiniert sein.

Einmal abgesehen von den von Elaine Aron 2010 definierten DOES-Aspekten (Depth of Processing; Overstimulation; Empathy and Emotional Reactivity; Sensing the Subtle), gibt es meiner Ansicht nach Veranlagungen und Talente, die als Spektrum dargestellt werden können – was bedeutet, dass es eine Bandbreite und Variabilität in der Ausprägung von Merkmalen gibt, die man in Cluster organisieren kann. Diese Cluster können dann in der Begleitung von hochsensiblen Menschen als Grundlage für einen sinnstiftenden Coaching Prozess dienen.

In meiner Arbeit als Coach und Therapeutin habe ich es als sehr hilfreich empfunden, herauszufinden, welches oder welche grundlegenden Essenz-Cluster ihren Ausdruck suchen. Das wertschätzende Erkunden der Hochsensibilität scheint als Ansatz fruchtbarer zu sein, als sofort mit den traumatisierten oder dysregulierten Aspekten des Klienten zu beginnen.

Im Coaching Prozess forschen wir nach der Ausprägung eines Clusters (oder von Clustern) und dessen freudvollen Potentials und fokussieren uns nicht ausschließlich auf die Lösung des Problems.

In der Literatur werden hochsensible Menschen oft mit Empathen in einen Topf geworfen. In meiner Erfahrung ist das aber problematisch.

Viele Hochsensible sind auch hochemphatisch und haben dadurch eine doppelte Herausforderung zu bewältigen.

Aber nicht alle sehr empathische Menschen sind auch hochsensibel. Meines Erachtens stellt diese Unschärfe ein Problem im Coaching und der Therapie mit hochsensiblen Menschen dar, weil die verschiedenen Herausforderungen der Klienten nicht aus einer ihnen gerechten Perspektive heraus betrachtet und reframed werden können. So zum Beispiel, zeigen eine große Anzahl von hochsensiblen Menschen die Fähigkeit, Komplexität zu verstehen, in Systemen zu denken und subtile Energien wahrzunehmen. Diese Merkmale sind oft mit einem tiefen Wunsch nach gesellschaftlicher Veränderung verbunden. Aber nicht alle HSP (Hochsensible Personen) wollen deshalb aktiv als Change Maker oder Change Leader zum Wandel beitragen –, aber jene die es wollen leider unter ganz anderen Themen als die, die eine unterstützende oder fördernde Funktion einnehmen wollen.

Aus meiner Sicht gibt es zumindest sechs solche Cluster.

Individuen können mehrere Cluster als Persönlichkeitsmerkmale in sich vereinen. Je mehr Cluster ihren Ausdruck suchen, desto größer sind die Herausforderungen. Es ist unwahrscheinlich, dass ein Individuum viele Cluster zu 100% in sich vereint.

Die Typologie der Cluster:

  1. Hochsensible Empathen
  2. Hochbegabte Menschen – Hochsensible High Potential Individuals
  3. Hochsensible Extrovertierte und Introvertierte
  4. Hochsensible Change Maker oder Change Leaders
  5. Hochsensible, die eher kein Mischtyp sind
  6. Hochsensible Legastheniker

Klienten empfinden die Bestimmung ihrer Orientierung im Spektrum oft als Entlastung. Es schafft mehr Klarheit wo manche stressbesetzten Themen ihren Ursprung haben. Eine nicht hochempathische HSP hat andere Probleme, als eine HSP die zusätzlich noch hochempathisch ist. Im extremen Fall ist die HSP ein Narzisst und hat mit Empathie nicht viel am Hut, aber zeigt sonst viele Merkmale einer hochsensiblen Person. Es gibt sogar den Typus des hochsensiblen narzisstischen Change Makers.

Es ist mir ein Anliegen, hochsensiblen Menschen mehr Mut, Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit zu ermöglichen. Das Verständnis, dass es verschiedene Cluster von Hochsensiblen gibt, die unterschiedliche Bedürfnisse haben, hat sich als wirksames Tool im Coaching erwiesen und ich hoffe das es sich auch für andere als hilfreich erweist.

Jole Berlage, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Integrales Coaching für Hochsensible
www.integralcoreproject.com, Netzwerkmitglied für 20249 Hamburg (D)


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