Hochsensible und Arztbesuche: 12 hilfreiche Empfehlungen

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(aro-db158) Für hochsensible Menschen können Arztbesuche manchmal eine große Belastung und mit Ängsten verbunden sein – aus unterschiedlichen Gründen.

Anke Roemer, Netzwerkmitglied, Profilbild
Ein Beitrag von Anke Römer

Unsere Erfahrungen spielen hierbei, wie bei normal sensitiven Menschen auch eine Rolle, aber noch mehr unsere Fähigkeit, die Umwelt und deren Stimmungen intensiver wahrzunehmen.

Hochsensible können Situationen tiefer und genauer spüren, ob sie sich einigermaßen wohl und sicher fühlen oder ob ihre Alarmglocken läuten.

Meine persönlichen Erfahrungen

Zahnarztbesuche begannen früher für mich schon Tage vorher mit leichter Übelkeit und nichts essen können. Am Tag des Besuches kamen dann Herzrasen, Zittern, Schweißausbrüche dazu und teilweise rannen mir die Tränen herab. Begründet war das, durch die schlechten Erfahrungen meiner Kindheit.

Großen Einfluss auf mein Wohlbefinden während eines Arztbesuches, hatte das Vertrauen zu Arzt oder Ärztin und immer auch die Umgebung, besonders die Mitarbeitenden in einer Praxis.

Wurde ich freundlich und offen empfangen, war ich schon ruhiger und entwickelte selbst eine positive Grundstimmung. Allerdings habe ich durch diese Denkweise die Verantwortung über mein Befinden abgegeben, was mich teilweise noch ohnmächtiger machte. Ich nahm mir dadurch die Möglichkeit, selbst Einfluss zu nehmen.

Haben wir Angst vor einer Untersuchung oder dem Ergebnis und es geht uns nicht gut, ist es schwer, sich eine positive Erwartungshaltung und Grundeinstellung zu bewahren.

Oder vielleicht gerade dann erst recht?! Als eine Art „sich selbst erfüllender Prophezeiung“?!

Natürlich haben unsere Grundstimmung und unsere Erwartungen (ob positive oder negative) keinen Einfluss auf das Ergebnis einer Untersuchung. Sehr wohl aber auf den Umgang mit dem Ergebnis.

Ich selbst war mit dem negativen Ergebnis einer Untersuchung vor ein paar Jahren konfrontiert, was mich dazu zwang, meinen Umgang damit zu hinterfragen und umzudenken. Deshalb hatte ich beschlossen, selbstbewusst, zuversichtlich, freundlich, offen aufzutreten, auch kritisch zu sein und Ärzten und Mitarbeitenden auf Augenhöhe zu begegnen.

Dieser, aus meiner Sicht für mich gesunde Umgang, hat mir so unsagbar gutgetan, weil ich dadurch ein Gefühl von Selbstwirksamkeit gewonnen habe. Und das ist in diesen Situationen, die das Potenzial haben, uns den Boden unter den Füßen wegzuziehen, entscheidend. Das kann den Weg zum Gesundwerden beeinflussen und auch unsere zukünftigen Arztbesuche.

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Überreizung vermeiden

Nun kann man sicher sagen, dass auch normal sensible Menschen in solchen Situationen vor großen Herausforderungen stehen.

Bei hochsensiblen Menschen ist die Wahrnehmung der Stimmungen und Schwingungen in einer Praxis oder Krankenhaus, zudem die Gerüche, Geräusche usw. aber eine zusätzliche Herausforderung.

Unsere Sinne sind vor Aufregung schon in Habachtstellung und dann strömen alle anderen Reize meist ungefiltert ein. Die körperlichen Symptome werden vermehrt wahrgenommen (wie oben beschrieben – Herzrasen, Schwitzen, Übelkeit etc.).

Bei normal sensiblen Menschen würde man an eine Panikattacke denken, für hochsensible Menschen kann das in diesen Situationen der „Normalzustand“ sein. Man kann dann auch nur noch schwer einschätzen, ob die empfundenen Wahrnehmungen und Gefühle, „echt“ und der Situation angemessen sind. Das heißt, wie teilweise in unserer Kindheit, vertrauen wir unserer eigenen Wahrnehmung nicht mehr. Das macht machtlos und handlungsunfähig, was aber gerade in Arztgesprächen und bei Untersuchungen für uns entscheidend wäre.

Was habe ich, als selbst hochsensible Person, genau getan, um wieder handlungsfähig zu werden? Ich habe unter anderem meine neuen Glaubenssätze gefunden, diese habe ich aufgeschrieben und lese sie mir selbst vor, wenn – und bevor – ich mich machtlos fühle:

  • „Es sind Gespräche und Interaktionen zwischen Mediziner und mir als Patientin, zwischen Menschen. Es geht nicht um Hierarchien, sondern um mich!
  • Die medizinischen Experten unterstützen mich. Sie sind angewiesen auf meine Mitarbeit und den Dialog mit mir! Denn ich bin die Expertin für mein Leben! Und ich schaffe das!“

Als Nächstes und für mich ganz wichtig (auch für Routinearztbesuche):

  • „Ein Schritt nach dem anderen! Es ist MEIN Körper und ICH entscheide!“

 Hier habe ich für dich dazu noch ein paar hilfreiche Tipps für deine Arztbesuche:

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12 Empfehlungen für Arztbesuche

1. Bereite dich auf den Termin vor

Schreibe dir ggf. deine Fragen und wichtige Informationen über dich auf!

2. Vertraue auf dein Gefühl

Höre auf deine innere Stimme. Sie ist die größte Gabe, die du hast.

3. Schau dir die Website der Praxis oder des Krankenhauses an

Fühlst du dich angesprochen, eingeladen? Vielleicht kann dir jemand eine Empfehlung geben.

4. Nimm dir eine Aufgabe mit

Nimm dir für die Wartezeit in der Praxis eine Aufgabe mit. Vielleicht liest du ein Buch (bei mir funktioniert Arbeitsliteratur sehr gut), oder du arbeitest (oder spielst) an Tablet oder Smartphone.

5. Erkunde, wie es dir geht

Fühlst du dich, außer dass du vielleicht krank bist, dort wohl? Fühlst du dich ernst genommen und willkommen?

6. Hochsensibilität offen ansprechen

So können Ärzte dein Verhalten besser einordnen und ihr eigenes Verhalten eventuell anpassen.

7. Nimm dich ernst

Falls du dich nicht wohlfühlst, oder zu Arzt/Ärztin kein Vertrauen fassen kannst, nimm dein Gefühl ernst und überlege dir, woran es liegen kann. Manchmal passt es einfach nicht und du gehst woanders hin. Besonders, wenn du keine ausreichenden Antworten auf deine Fragen bekommst.

8. Für Ablenkung sorgen

Eventuell hilft es dir beim Warten (oder während einer Behandlung) Musik zu hören. Ich selbst mag das in diesen Situationen nur eingeschränkt, da ich mit Musik sehr viel verknüpfe. Würde eine unangenehme Situation entstehen, würde ich diese Musik, immer damit verbinden und mir den angenehmen Effekt der Musik verbauen. Allerdings kann mir manchmal Heavy Metal helfen.

9. Ängste kommunizieren

Ängste, die du hast – sprich sie offen an, auch mehrmals!

10. Varianten aufzeigen lassen

Lass dir die Möglichkeiten der Behandlung aufzeigen, denn es gibt meistens nicht nur einen Weg und dann entscheide!

11. Zweifel äußern

Fühlst du dich nicht ernst genommen? Sprich auch das an!

12. Du darfst traurig

Oder du darfst auch überfordert sein! Sprich es aus! Und du darfst auch darüber weinen!


Bekommst du ein Ergebnis, was einer weiteren Behandlung bedarf, denke für dich daran:

Ruhe bewahren, ein Schritt nach dem anderen, es ist DEIN Körper und DU entscheidest!

Und für Entscheidungen brauchst du Zeit zum Nachdenken – und die hast du meist (außer es ist ein Notfall). Du kannst dir vielleicht eine zweite Meinung einholen und dich mit Menschen, denen du vertraust, besprechen. Und vor allem:

Fragen, die du hast – stelle sie, auch mehrmals! Schreibe sie vor dem nächsten Termin auf!

Fazit

Sei es bei einem Zahn-/Arztbesuch, einer unangenehmen Untersuchung oder der Behandlung einer schweren Erkrankung. Du kannst es dir mit der Umsetzung meiner 12 Empfehlung etwas leichter gestalten.

Du kannst die Entscheidung treffen, mit welchen Erwartungen und Einstellungen du dir selbst, deiner Behandlung und deinen Behandlern gegenübertrittst.

Und DU schaffst das!

Anke Römer, Fachberaterin für Hochsensibilität, Notfallseelsorgerin, zertifizierte Mediatorin und Kommunikationstrainerin
www.anke-roemer-kommunikation.de, Netzwerkmitglied für 04420 Markranstädt (D)


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2 Kommentare

  1. Hallo Frau Römer,
    danke für diesen hilfreichen Artikel. Ich habe oft Probleme bei Ärzten, bei denen ich Beschwerden schildern muss, da sie nicht offensichtlich sind. Hier habe ich öfter das Gefühl, nicht ernstgenommen zu werden. Vor einiger Zeit fühlte ich mich in einer orthopädischen Praxis buchstäblich herausgeworfen, weil mich der Arzt mutmaßlich nicht für behandlingswürdig ansah. Dabei ging es mir eigentlich um die Auswertung von Befunden, zu deren Erhebung er mich selbst überwiesen hatte. Am Vorstellungstermin selbst hatte ich keine aktuellen Beschwerden. Zunächst erhob eine sehr freundliche Assistenzärztin eine Anamnese. Dann kam o.g. Arzt dazu, fragte, ob ich Schmerzen hätte, und aks ich das ehrlicherweise verneinte, deutete er mit einem „Na dann…“ zur Tür. (Fachrichtung Orthopädie, ich war in der Kindheit an hier regelmäßig in Behandlung und möchte einer altersbedingten Verschlechterung entgegenwirken. ) Wie kann man Ihre Vorschläge bei einem solchen Arzt umsetzen? Bei den Fachrichtungen, wie Zahnarzt, Gyn. u. HNO habe ich weniger Angst, da ich hier nicht befürchten muss, als Simulant oder Hypochonder dazustehen.

    Herzliche Grüße
    Astrid Rosenbaum

    1. Liebe Frau Rosenbaum,
      vielen Dank für das Beschreiben Ihrer persönlichen Erfahrungen!
      Tatsächlich scheint es in der Gruppe der Orthopäden, einige sehr unsensible Ärzte zu geben. In letzter Zeit höre ich solche Berichte leider öfter.
      Ich selbst habe gute Erfahrungen mit dem Ansprechen des von mir beobachteten Verhaltens und dem Beschreiben meiner Empfindung, dem Arzt gegenüber gemacht. Denn oft scheint Medizinern die Wirkung ihres Verhaltens und die Auswirkungen auf den Patienten nicht bewusst zu sein. Eine Entschuldigung habe ich daraufhin auch schon erhalten. Die Frage…“Was würden Sie einem ihrer Familienmitglieder mit diesen Beschwerden raten?“, kann manchmal auch helfen, das macht Ärzte menschlicher, weil sie aus ihrer vermeintlichen Position und Stellung kurz herauskommen.

      Und ja, manchmal geht es nicht anders und man kann sich nur einen anderen Arzt suchen. Das ist leicht gesagt, ich weiß, (manchmal bekommt man vielleicht auch eine Empfehlung von Freunden z.B.) aber wenn wir uns nicht gut behandelt fühlen, nicht ernstgenommen, leiden wir noch mehr und es besteht eben leider auch die Gefahr, dass Erkrankungen übersehen oder verschleppt werden. Hat der Arzt eine vorgefertigte Meinung über den Patienten (dass er sich z.B. etwas einbilden würde), hat das natürlich Auswirkungen auf die Behandlungsqualität und den Untersuchungseifer.
      Eine weitere Möglichkeit ist auch immer, Hausarzt – oder Ärztin mit einzubeziehen. Oft kann ein Anruf der Hausarztpraxis beim Fachkollegen etwas bewirken, oder die Praxis hat noch andere Empfehlungen.
      Ich hoffe, diese etwas mehr pragmatischen Vorschläge, können Ihnen helfen, auch beim nächsten Orthopädentermin.
      Alles Gute für Sie!
      Herzliche Grüße, Anke Römer

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